Hispano-Suiza - 15/20 HP (1915)


Hispano-Suiza zählte einst zu den bedeutendsten Automobilmarken der Welt und hatte damals einen ähnlichen Status in der Autowelt wie etwa Isotta Fraschini, Delaunay-Belleville oder Rolls-Royce. Schon bald wurde der Name Hispano-Suiza zum Synonym für Luxus, höchste Qualität und zukunftsweisende Technik. Aber unter diesem Label entstanden nicht nur exzellente Sportwagen und Luxusautomobile, sondern auch Fahrzeuge für den öffentlichen Transportverkehr, wie dieser Bus von 1915, sowie Motoren für die Luftfahrt

Gegründet wurde das Unternehmen 1904 in Barcelona. Ihr Mitbegründer und Chefkonstrukteur Marc Birkigt war Schweizer, deshalb der Doppelname, der auf Spanien und die Schweiz verweist. Zuvor hatte Birkigt für die nur kurz existierende spanische Marke Cuadra unter anderem einen Elektro-Bus gebaut.

1911 entstand ein Zweigwerk von Hispano Suiza in Paris (erst in Levallois-Perret, später in Bois-Colombes), um den großen französischen Markt zu erobern. Vor allem von hier aus erfolgte der Siegeszug von Hispano-Suiza als einer der ranghöchsten Luxuswagenproduzenten. Die Busse und Lastwagen der Marke kamen hingegen zumeist aus dem spanischen Werk.

Die ersten beiden Modelle mit Vierzylindermotoren stellte Hispano-Suiza 1906 auf dem Pariser Autosaloon der Öffentlichkeit vor, bald schon folgten auch die ersten Fahrzeuge mit Sechszylindermotoren. Schon die Vierzylinder-Hispanos siegten in den wichtigsten Rennen ihrer Zeit und machten so und durch ihre innovative Technik auf die Marke aufmerksam. Von einem Rennwagen, der 1910 den berühmten Coupe de L'Auto gewann, wurde 1911 das bald weithin bekannte Sportwagenmodell Alfonso XIII abgeleitet, das als eines der ersten Seriensportwagenmodelle überhaupt gilt. Den Namen erhielt es zu Ehren des spanischen Monarchen, der ein Fürsprecher dieser Automarke war und selbst zu ihren besten Kunden zählte.

Viele zukunftsweisende Innovationen stammten von Marc Birkigt

So verwendete er als einer der ersten eine Blockkonstruktion von Motor und Getriebe. Auch der Bus besaß diese Motorgetriebeeinheit, die fest mit den Chassislängsträgern verbunden war und den Fahrgestellrahmen versteifte. Bevor Birkigt mit der H6-Baureihe auch im Serienbau ohc-Motoren einsetzte, verwendete er bis dahin Motoren mit T-Kopf-Ventilsteuerung.

Auch der dreitürige Autobus von 1915 besaß einen robusten Vierzylindermotor mit T-Kopf, Dreiganggetriebe und Lamellenkupplung

Das Modell 15/20 HP mit 2612 ccm Hubraum erschien zum ersten Mal 1909 mit einer größeren Anzahl anderer Modellvarianten der Marke, darunter auch dem Rennwagen, aus dem später dann der Sportwagen Alfonso XIII entstand. Der Motor des 15/20 HP war im Grunde ähnlich konstruiert, wie der des Alfonso. Er besaß eine T-Kopf-Ventilsteuerung, bei dem die Einlaß,- und die Auslassventile jeweils auf der einen und der anderen Seite des Kolbens standen und im übertragenen Sinne eine T-Form bildeten. Angetrieben wurden sie auf jeder Seite von einer Nockenwelle. Die beiden seitlich liegenden Nockenwellen wurden von der in drei breiten Gleitlagern laufenden Kurbelwelle über Zahnräder von der Motorstirnseite aus angetrieben. Diese Art der Ventilsteuerung ermöglichte eine vom Wirkungsgrad her günstige Querstromspülung mit sich gegenüberliegenden Ansaug,- und Auspuffkrümmern. Die Ölversorgung erfolgte über eine kombinierte Tropf,- und Schleuderschmierung.

Angeboten wurde der 15/20 HP in verschiedenen Chassislängen. Auf einem langen Chassis mit einem Radstand von 3,25 m entstand der Autobus. Wie damals üblich, fertigten Karossiers, die der Kunde sich aussuchte, die Aufbauten nach den individuellen Kundenwünschen. Der Busaufbau, der im Prinzip wie eine verlängerte Reiselimousine konstruiert war, besaß auf nur einer Seite des Fahrzeugs drei Türen, die in eine geschlossene Fahrgastzelle für zwölf Personen mit breiten Sitzbänken und Haltestangen führten. Fahrer und Beifahrer saßen in einem offenen aber überdachten Fahrerabteil. Das Gepäck wurde auf dem mit einer Reling versehenen Dach deponiert, auf das die Diener über eine an der rechten Fahrzeugseite angebrachten Leiter gelangten. Während der Fahrt mussten sie auf der vorn am Dach befestigten Sitzbank Platz nehmen. Möglicherweise war das Fahrzeug damals für den Einsatz in einem Hotelbetrieb gedacht. So hieß es in der zeitgenössischen Literatur: „Der Geschäftsreisende mit den vielen Koffern, der Ausflügler mit Lodenanzug, Rucksack und Ju Hu wird auf das Hotel reinfallen, das ihn am Bahnhof mit dem Auto empfängt“.

Der Bus von 1915 besaß noch nicht den „fliegenden Storch“ als Kühlerfigur

Erst ab 1918 wurde diese Kühlerfigur eingeführt. Sie war vom Geschwadersignet des französischen Kampfpiloten Georges Guynemer abgeleitet. Der Luftfahrt war Hispano Suiza sehr verbunden, denn Marc Birkigt hatte auch einen V-8 Flugzeugmotor entwickelt, der zum damals besten Flugzeugmotor weltweit avancierte und so gefragt war, dass er sich 50000mal verkaufte. Ein ähnliches Procedere bei der Wahl der Kühlerfigur spielte sich übrigens auch später bei der Sportwagenmarke Ferrari ab. Dort wählte man das Signet des italienischen Jagdfliegers Francesco Baracca, das sich aufbäumende Pferdchen, zum Firmenemblem.

Die Transportwagensparte von Hispano-Suiza in Barcelona wurde nach dem Krieg verstaatlicht

Der spanische Betrieb wurde 1946 von der Lastwagenfabrik ENASA übernommen. Das staatliche Unternehmen stellte neben Lastwagen ab 1951 den Luxussportwagen Pegaso Z-102 her.

Fotos & Text: Marina Block

 

Technische Daten

Motor: Vierzylinderreihenmotor mit T-Kopf

Hubraum: 2612 ccm

Leistung: 30 PS bei 2200 U/min

Höchstgeschwindigkeit: ca.60 km/h

Zündung: Magnetzündung

Radaufhängung vorn: Starrachse, Halbelliptikfedern

Radaufhängung hinten: Starrachse, Halbelliptikfedern

Chassis: Leiterrahmen

Bremsen: Handbremse auf Hinterradbremstrommeln, Fußbremse als Getriebebremse

Karosserie: Busaufbau für 12 Passagiere, mit Dachgepäckträger und offenem Führerhaus

Radstand:3250 mm

Länge: 4850 m

Breite: 1700 m

Höhe: 2290 m

Spur: 1400 m

Gewicht: ca.2100 kg

Bauzeit: 1915



Bilder

Informationen:

MarkeHispano-Suiza
Model15/20 HP
Baujahr1915

Weitere Fahrzeuge