Einen Namen hatte sich der von 1968 bis 1976 gebaute „Strich-Acht“ von Mercedes-Benz, zu dem die Baureihen W114 (Reihensechszylinder) und W115 (Reihenvierzylinder und ein Fünfzylindermodell 240 D 3.0) zählten, vor allem durch seine hohe Zuverlässigkeit gemacht. Die Laufleistung der Motoren war sagenumwoben, so dass der gute Ruf des „/8“, den es hauptsächlich als Limousine aber auch als Coupé gab, zu einem riesigen Verkaufserfolg führte und die Verkaufszahlen zeitweilig sogar diejenigen der VW Bestseller Käfer und Golf überflügelten. 1974 war er beispielsweise das meistverkaufte Fahrzeug im Land
Die Motoren der W114/W115 Baureihe waren Weiterentwicklungen vorheriger Ausführungen. Im abgebildeten Modell 200 D arbeitete ein ohc Reihenvierzylinder-Dieselmotor mit 1988 ccm Hubraum und einer Leistung von 55 PS. Dieses Modell mit der kleinsten Motorisierung erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h. W115 mit Dieselmotoren wurden besonders gern von Taxiunternehmen geordert.
Das Fahrwerk des Strich-Acht, ob nun als Vierzylindermodell (W115) oder als Sechszylindermodell (W114), war eine Neuentwicklung und auf Sicherheit ausgelegt. Es war moderner und besser als die Fahrwerke der damaligen Oberklassemodelle von Mercedes-Benz
Die Fahrzeuge hatten nicht mehr die Eingelenk-Pendelhinterachse der Vorgänger, sondern eine Schräglenkerhinterachse. Das verbesserte das Fahrverhalten enorm. Die Vorderräder waren an Doppelquerlenkern aufgehängt und es gab nun wartungsfreie Kugelgelenke statt der Rundbolzen mit Schmiernippel. Mit Scheibenbremsen waren alle Räder versehen. Statt einer Handbremse besaß der Strich-Acht eine Fußfeststellbremse nach Citroen DS-Prinzip mit einem Entriegelungsknopf am Armaturenbrett. Eine Verbesserung der Sicherheit stellten auch die von innen verstellbaren Außenspiegel, die schmutzabweisenden Zierblenden an den A-Säulen, die die Seitenscheiben auch bei schlechtem Wetter sauber hielten, die Regenrinne an der Heckscheibe sowie die verschmutzungsarmen Rückleuchten dar. Ab 1973 zählten auch Kopfstützen und Sicherheitsgurte auf den Vordersitzen zur Serienausstattung.
Für die sachliche Formgebung des Strich-Acht mit seinen ausgewogenen Proportionen war Mercedes-Benz-Hausdesigner Paul Bracq verantwortlich
Die Fahrzeuge waren außen und innen sehr schlicht und sachlich gestaltet. Sie besaßen eine klare und glattflächige Linienführung mit großen Fensterflächen und ohne überflüssiges Beiwerk. Auch der Innenraum mit der nun typischen Mercedes-Mittelkonsole war sachlich und gediegen gestaltet. Dafür markierte die Strich-Acht-Baureihe den Beginn einer ausgeweiteten Aufpreispolitik, so dass der Endpreis der Modelle in ungeahnte Höhen getrieben werden konnte. Mit optionalen elektrischen Fensterhebern, Halogen-Scheinwerfern, elektrischem Stahlschiebedach, Klimaanlage, Kopfstützen, Zentralverriegelung, Automatikgetriebe, Lederausstattung etc. konnte der letztendliche Preis leicht doppelt so hoch ausfallen wie in der Basisausführung und das betraf nicht nur das Sechszylindermodell, sondern auch die Vierzylinderausführungen.
Vor allem beim 200 D verzichteten die Besitzer gern auf eine Bezeichnung am Heck
Da die Karosserien nahezu identisch waren, konnte man so auf den ersten Blick nicht erahnen, wieviel Potential nun wirklich unter der Motorhaube schlummerte. Als Gebrauchter war der 200 D /8 später übrigens die günstigste Möglichkeit einen Mercedes-Benz sein eigen zu nennen. Auch bei jungen Leuten und in Studentenkreisen erlangte er als zuverlässiger Reisebegleiter bald einen recht hohen Beliebtheitsgrad. Ein großes Problem des /8 war allerdings seine Rostanfälligkeit.
Fotos & Text: Marina Block
Technische Daten
Motor: ohc Reihenvierzylindermotor, Diesel
Hubraum: 1988 ccm
B x H: 87 x 83,6 mm
Leistung: 55 PS bei 4200 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 130 km/h
Gemischaufbereitung: Bosch-Einspritzung
Getriebe: Vierganggetriebe; als Option Automatikgetriebe
Vorderradaufhängung: Doppelquerlenker, Schraubenfedern, Drehstabstabilisator
Hinterradaufhängung: Schräglenkerhinterachse, Schraubenfedern, Drehstabstabilisator
Bremsanlage: hydraulische Scheibenbremsen
Radstand: 2750 mm
L x B x H: 4680 x 1770 x 1440 mm
Gewicht: ca. 1300 kg
Stückzahl: 200 D – 339927 Ex.
Bauzeit: 1968-1976